Schatzsuche im Erzgebirge : Datum:

Nicht ohne Grund war der Name Erzgebirge seit dem Mittelalter Programm. Silber, Zinn, Blei sowie Nickel und später Uran waren der Schatz dieses sächsischen Mittelgebirges bis Anfang der 1990er Jahre. Dann stoppte der Bergbau. Aber heute stehen die Zeichen auf Neustart! Was ist passiert?

Die Halde in Ehrenfriedersdorf als Reallabor für Diagnose und Therapie
Die Halde in Ehrenfriedersdorf als Reallabor für Diagnose und Therapie © rECOmine

Philipp Büttner ist angetreten, die Hinterlassenschaften des jahrhundertelangen Bergbaus zwischen Zinnwald und Annaberg-Buchholz mit innovativer Technologie zu erforschen. Viele erhoffen sich davon hier, im Grenzgebiet von Sachsen und Böhmen, umsetzbare Konzepte für die Nutzung des Bergbauerbes, das in Form von Halden, Abraum, Stollensystemen vorzufinden ist. Der Koordinator des WIR!-Bündnisses rECOmine steht vor der Aufgabe, die schädigenden Einflüsse auf die Umwelt nachhaltig zu reduzieren. Manchmal fast schon natürlich aussehend, manchmal die sanfte Bergwelt massiv verändernd sind die Abraumhalden ein unübersehbares Erbe – Wahrzeichen und Warnung zugleich. Die erste Herausforderung liegt darin, das Potenzial dieses Erbes zu erkennen und geeignete Lösungen zu entwickeln.

Die im Erzgebirge vorzufindenden Halden bestehen aus einer kontrastreichen Mischung von Erdreich und kleinteiligen Gesteinsresten, aus scheinbar nicht nutzbaren Schieferplatten und pulverartigen Reststoffen tief aus dem Inneren der Erde. Für das rECOmine-Bündnis bilden sie ein Reallabor erster Güte.

Lithium weltweit gesucht

Die ehemalige Zinnerz-Bergbauanlage in Altenberg-Zinnwald soll bei der künftigen Gewinnung von Lithium wieder eine Rolle spielen.
Die ehemalige Zinnerz-Bergbauanlage in Altenberg-Zinnwald soll bei der künftigen Gewinnung von Lithium wieder eine Rolle spielen. © Ingenieurgesellschaft Falasch mbH

Im Zuge dieser Forschungsarbeit vor Ort und im Labor rückt ein Element immer mehr ins Zentrum vieler Überlegungen: Lithium! Das Leichtmetall wird unter anderem für die Herstellung von Batterien und Elektromotoren eingesetzt. Die Nachfrage ist weltweit hoch – eine Chance für das Erzgebirge, denn dort ist der nachgefragte Stoff sowohl unter Tage als auch in den Halden vorhanden. Nicht in Reinform, aber im Glimmergestein als Mineral Zinnwaldit, und zwar so konzentriert, dass sich der Abbau tatsächlich lohnen würde. Davon sind jedenfalls Konsortien sowohl auf deutscher als auch auf tschechischer Seite nach umfangreichen Untersuchungen und Probebohrungen überzeugt.

Deutlich wurde dies im Rahmen eines länderübergreifenden Projektes mit Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung aus Sachsen und Böhmen. Gerade hier war mit Händen zu greifen, wie inspirierend und notwendig die Programmlinie „WIR! – Wandel durch Innovation in der Region“ ist. Die Förderung durch das BMBF ermöglichte es dem rECOmine-Bündnis, Menschen, Daten und Ideen zusammenzubringen. Bei Fachtagungen und Exkursionen vor Ort wurden nicht nur Informationen ausgetauscht, sondern konkrete Handlungsfelder für eine künftige Kooperation entwickelt. Einer der Akteure auf sächsischer Seite ist Ulrich Bobe. Der Wirtschaftsförderer aus dem Erzgebirge spricht fließend tschechisch, was selbst im Grenzgebiet keine Selbstverständlichkeit ist.

Probennahme im Besucherbergwerk Zinnwald
Probennahme im Besucherbergwerk Zinnwald © Deutsche Lithium GmbH

Er macht den Rahmen für die länderübergreifende Initiative deutlich: „Sowohl auf deutscher als auch tschechischer Seite laufen Probebohrungen zum Abbau von Lithium. Die Konsortien auf beiden Seiten gehen von einem Abbaurahmen von 25 bis 35 Jahren aus.“ Das genau unter der Grenzregion Zinnwald und Cinovec vorhandene Abbaugebiet erzwinge geradezu eine länderübergreifende Kooperation von Wissenschaft und Wirtschaft.

Mit 62 teilnehmenden Institutionen auf deutscher und 29 auf tschechischer Seite soll künftig eine regelmäßige Deutsch-Tschechische Rohstoffkonferenz etabliert werden. Mit dieser neu entstandenen Kooperation besteht dann der Rahmen, um grenzübergreifende, europäische Rohstoffprojekte konkret voranzutreiben. Aktuell geht das WIR!-Bündnis allein auf sächsischer Seite von einer möglichen Fördermenge von bis zu 125.000 Tonnen Lithium aus, auf böhmischer Seite sogar von bis zu 150.000 Tonnen. Mehrere Hundert neue Arbeitsplätze würden dieser strukturschwachen Region neue Impulse geben. Ermöglicht durch digitale Forschungstechnik und Datenauswertung, die neue Abbaumethoden in den schon bestehenden Stollen sowie in den alten Abraumhalden heute umsetzbar machen – Wandel durch Innovation in der Region. Und womöglich ein künftiger Exportschlager für Bergbauregionen in aller Welt.

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