Ein Mini-Labor für alle Fälle

Gefährliche Erkrankungen so schnell und so früh wie möglich zu erkennen, kann über Leben und Tod entscheiden. Das sächsisch-thüringische WIR!-Bündnis „DIANA“ will dafür mobile, patientennahe Analysetechnologien etablieren, die in kurzer Zeit sichere Ergebnisse liefern.

Forscher zerspant mit speziellen Werkzeugen Mikrostrukturen auf einem Formeinsatz
Udo Eckert zerspant mit speziellen Werkzeugen Mikrostrukturen auf einem Formeinsatz. Diese werden später mit einem Kunststoff ausgegossen und als Analyse-Chip genutzt. © Fraunhofer IWU Chemnitz

„Stellen Sie sich vor, eine Patientin oder ein Patient kommt mit hohem Fieber ins Krankenhaus: Verdacht auf Sepsis. Der Arzt braucht jetzt schnell eine Analyse, um die richtige Therapie einleiten zu können, aber es ist Freitag, 23 Uhr, das Labor im Klinikum ist schon zu“, so beschreibt Dirk Kuhlmeier das Worst-Case-Scenario, das ihn und seine Bündnispartner antreibt. Kuhlmeier ist einer der Koordinatoren von DIANA und Forschungsgruppenleiter am Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie (IZI) in Leipzig. DIANA steht für „Diagnose“ und „nachhaltig“ und das ist auch das Ziel des Bündnisses, das gerade gestartet ist und vom Bundesforschungsministerium im Rahmen des Programms „Innovation & Strukturwandel“ gefördert wird. Gemeinsam mit seinen Mitstreitenden will Kuhlmeier sogenannte Point-of-Care-Tests (POCTs) revolutionieren. Das bedeutet: eine schnelle und verlässliche Diagnose direkt am Behandlungsort. „Unser Ziel ist es, ein Labor auf eine kleine Chipkarte zu bringen, die nur so groß ist wie ein Personalausweis“, sagt Dirk Kuhlmeier. Mit dem Chip wird die Probe der Patientin oder des Patienten analysiert und die Ergebnisse liegen nach wenigen Minuten vor.

Vorsprung durch Wissen

Um ein solches Mini-Labor überhaupt herstellen zu können, sind spezielle Werkzeuge und Technologien gefragt. Damit kennt sich Udo Eckert bestens aus. Er leitet die Forschungsgruppe „Mikrosystemtechnik“ am Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik (IWU) in Chemnitz. Bei DIANA ist er für die Produktionstechnik zuständig. „Wir können schon erste Werkzeugformeinsätze mit Mikrostrukturelementen fertigen, die deutlich kleiner sind als 100 Mikrometer. Das sind weniger als 0,1 Millimeter“, sagt Eckert. „Jetzt wollen wir weiter miniaturisieren, die Materialien mit speziellen Funktionen versehen und die Voraussetzungen für eine Serienfertigung schaffen.“ Solche Werkzeugformeinsätze sind die Basis für die Abformung der Analyse-Chips in Kunststoff. Die Chips sind die Herzstücke der Miniaturlabore, durch die Probenflüssigkeiten hindurch fließen und analysiert werden. Das Schwierige dabei ist, viele solcher Mikrostrukturen schnell und effizient herzustellen, ohne dass die Qualität leidet.

Udo Eckert nimmt die Herausforderung gerne an. Zumal er kompetente Partner im Boot hat, die ihn tatkräftig unterstützen. „Wir haben hier in der Region zwischen Leipzig und Chemnitz viele Werkzeug- und Formbauer sowie Firmen, die Anlagen für die Laserstrukturierung oder Elektronikkomponenten herstellen“, sagt Eckert. „Die sind immer auf der Suche nach neuen Herausforderungen.“ Dazu gehört auch die Leipziger SensLab GmbH, die Sensoren für Point-of-Care-Tests herstellt. Es ist eine Menge Knowhow, auf das die mittlerweile über 80 Bündnispartner von DIANA zurückgreifen können. Ihr langfristiges Ziel ist es, Produkte zu entwickeln, die eine medizinische Diagnostik mobiler und einfacher bedienbar machen und sie näher an die Patientinnen und Patienten bringt. Das Mini-Labor, das Proben aufnimmt und in wenigen Minuten das Testergebnis anzeigt, ist nur ein Beispiel von vielen Produktideen des Bündnisses. Die Entwicklung und Produktion dieser neuen Technologien will DIANA in der Region etablieren und weltweit vermarkten.

Fürs Krankenbett und für zu Hause

Die winzigen, mobilen Labore können zu Diagnosezwecken in Kliniken oder Pflegeinrichtungen zum Einsatz kommen, aber auch in Privathaushalten. Zum Beispiel bei älteren Menschen auf dem Land, die keinen Arzt in direkter Nähe haben. Auch Laien sollen die Geräte von DIANA problemlos bedienen können. Besonders wichtig ist den Bündnispartnern, dass die Testergebnisse sicher und reproduzierbar sind. Gleichzeitig wollen sie mit ihren Analyse-Chips keine zusätzlichen Müllberge produzieren. Nachhaltigkeit haben sie nicht nur im Namen, sondern schon bei der Entwicklung im Kopf. Es gibt bereits erste Überlegungen, einen Kunststoff einzusetzen, den einer der Bündnispartner aus Stroh produziert. „Wir wollen unsere Diagnostikprodukte aus bio-basierten oder biologisch abbaubaren Kunststoffprodukten herstellen“, sagt Dirk Kuhlmeier. Wenn den Beteiligten des WIR!-Bündnisses DIANA gelingt, was sie sich vorgenommen haben, profitieren zum einen Patientinnen und Patienten von schnelleren Diagnosen und wirksamen Behandlungen. Zum anderen bekommen die Unternehmen und damit die gesamte Region einen kräftigen wirtschaftlichen Schub.

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