Ein Schutzmantel aus Wachs : Datum:

Landwirtschaft und Gartenbau setzen synthetische Kunststoffe ein, beispielsweise zum Schutz von Saatgut und Düngergranulaten. Ein Forschungsbündnis aus dem südlichen Sachsen-Anhalt will eine zu hundert Prozent biologisch abbaubare Alternative aus nachwachsenden Rohstoffen entwickeln.

Mit einem speziell entwickelten Schutzmantel auf biologischer Basis können viele verschiedene Samenarten beschichtet werden.
Mit einem speziell entickelten Schutzmantel auf biologischer Basis können viele verschiedene Samenarten beschichtet werden. © AdobeStock/aboikis

„Unsere Gründungsidee war die Entwicklung von biologisch abbaubaren Bio-Kunststoffen zur Beschichtung von Papier für Lebensmittelverpackungen“, sagt Bernhard Sack, Geschäftsführer der amynova polymers GmbH. Inzwischen hat das forschende und produzierende Unternehmen aus Bitterfeld-Wolfen auch Landwirtschaft und Gartenbau im Fokus. „Düngergranulate sind mit einer Kunststoffschicht überzogen, die die Freisetzung der Wirkstoffe im Boden reguliert. Saatgut ist zum Schutz vor Pilzkrankheiten und Insekten im Boden ebenfalls mit Kunststoff ummantelt“, erklärt Bernhard Sack und weist. auch gleich auf die damit verbundenen Nachteile hin: „Die Kunststoffe werden auf Basis von Erdöl hergestellt und die meisten sind nicht biologisch abbaubar.“ Laut einer Studie des Naturschutzbund Deutschland (NABU) sind solche Kunststoffeinträge mittlerweile in großflächig bewirtschafteten Böden zu finden. Laut Amynovas Laborleiter Sebastian Köhling ist bislang nicht erforscht, wie sich die Mikroplastiken auf die Bodenökosysteme auswirken – und am Ende auf unsere Gesundheit. „Nachhaltig arbeitende Landwirte haben großes Interesse an einer biologisch abbaubaren Alternative, weil sie keine synthetischen Kunststoffe mehr in die Erde bringen wollen“, sagt Bernhard Sack. Aus diesem Bedürfnis entstand eine neue eine neue Entwicklungsidee: eine Ummantelung, die aus regenerativen Rohstoffen hergestellt ist und sich schadstofffrei biologisch abbaut.

Biokunststoffe haben viel Entwicklungspotenzial

Um diese Idee umzusetzen, ist die amynova polymers GmbH Partner im BioZ-Netzwerk. „Biobasierte Innovation aus Zeitz und Mitteldeutschland“ ist der Langname des Bündnisses, das im Rahmen des Programms „WIR! – Wandel durch Innovation in der Region“ vom Bundesforschungsministerium gefördert wird.

Amynova polymers bringt wichtige Kompetenzen in das BioZ-Netzwerk ein. Laborleiter Sebastian Köhling und sein Team haben einen klebrigen Sirup aus Stärke entwickelt, der ein wichtiger Bestandteil für den biologischen Kunststoffersatz ist. Ein ebenfalls wichtiger Verbundstoff ist Wachs. Auch das muss biologisch abbaubar sein.  Wachs wird nun von den BioZ-Partnern aus Wissenschaft und Wirtschaft unter Verwendung von Zucker entwickelt. Unterstützung erhalten sie dabei u.a. vom Fraunhofer-Institut für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen IMWS in Halle (Saale). Wissenschaftler Patrick Hirsch forscht an der Entwicklung von biologisch abbaubaren Bio-Kunststoffen. Deren Einsatzmöglichkeiten in der Landwirtschaft sind auch für ihn ein spannendes Zukunftsfeld.

Bei einem Besuch bei amynova polymers wird ihm demonstriert, wie sich der zähflüssige braune Stärk-Sirup vom Löffel in ein Wasserglas abseilt und darin gut verrühren lässt. Diese Eigenschaft ist wichtig, da die Wachs-Stärke-Emulsion sprühfähig sein muss. Nach dem Trocknen soll die aufgetragene Schutzschicht eine verringerte Wasserlöslichkeit aufweisen, um eine erhöhte Schutzfunktion aufzuweisen und die Auswaschverluste der Wirkstoffe zu verringern. „Es gibt bei Biokunststoffen noch sehr viel Entwicklungspotenzial, was die gewünschten Eigenschaften wie auch die biologische Abbaubarkeit betrifft“, sagt Wissenschaftler Patrick Hirsch. Er sieht den Part des Fraunhofer IMWS darin, die Wachs-Stärke-Emulsion so zu modifizieren, dass sie optimale Verarbeitungs- und Gebrauchseigenschaften hat. Dieses neu entwickelte Beschichtungsmaterial müsse sich schließlich mit den anderen Stoffen vertragen, mit denen es in der Landwirtschaft in Kontakt kommt.

Wertschöpfung im Süden Sachsen-Anhalts

Der Sirup aus Stärke ist ein Ausgangsstoff für die sprühfähige biologische Wachs-Stärke-Emulsion.
Der Sirup aus Stärke ist ein Ausgangsstoff für die sprühfähige biologische Wachs-Stärke-Emulsion. © PRpetuum GmbH

In der der Region zwischen Bitterfeld und Zeitz im südlichen Sachsen-Anhalt sind schon wichtige Glieder der regionalen Wertschöpfungskette von Bioplastik angesiedelt – vom Anbau stärkehaltiger Pflanzen bis zur Herstellung und Anwendung des Stärkesirups. Diese Wertschöpfungskette soll um die Herstellung und Anwendung der biologischen Wachs-Stärke-Emulsion erweitert werden. Neben der Ummantelung von Saatgut und Düngergranulaten haben die BioZ-Partner weitere Verwendungsideen. So könnte das Bioplastik zum Beispiel als Material für Schutznetze im Agrarbereich und für Verpackungsnetze eingesetzt werden. „Ein Mantel aus Bio-Wachs könnte auch Obst und Gemüse beim Transport schützen, die Produkte länger haltbar machen und möglicherweise die Kunststoff-Verpackungen ersetzen“, sagt Bernhard Sack.

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