Dezentral und überall : Datum:

Grünen Wasserstoff, Strom und Wärme direkt vor Ort erzeugen und nutzen – das funktioniert, wie das Team des WIR!-Bündnisses „h2-well“ zeigt. Pilotprojekte in Thüringen zeigen die Möglichkeiten innovativer Wasserstoff-Anwendungen.

Kleinwasserkraftanlage Gebäude und Wasserfließ
In dieser Kleinwasserkraftanlage bei Apolda soll grüner Wasserstoff erzeugt werden, der mit einer neuartigen mobilen Speicher- und Verdichtungslösung an die Abnehmer geliefert wird. © Quelle: Bauhaus-Universität Weimar

Sonnebergs Bürgermeister, Heiko Voigt, freut sich, Teil des „h2-well“-Zukunftsprojektes zu sein. In seinem Rathaus soll bald ein neuartiger PEM-Hochdruck-Elektrolyseur stehen, der mit 300 bar aus Strom und Wasser Wasserstoff und Sauerstoff erzeugt. PEM steht für Protonen-Austausch-Membran. Eine solche Membran ist für Protonen durchlässig, verhindert jedoch den Transport von Gasen wie Sauerstoff und Wasserstoff. Gäbe es diese Membran nicht, würden Sauerstoff und Wasserstoff miteinander verschmelzen – ein Stromfluss wäre nicht möglich. Ein einzigartiger Kreislaufmotor, der im Rahmen des Projekts „h2-well“ mit dem Unternehmenspartner WTZ Roßlau gGmbH entwickelt wurde, ermöglicht es, Strom und Wärme für die Versorgung des Rathauses zu produzieren. Der erste Wasserstoff-Kreislaufmotor der Welt stößt nur Wasser aus, kein CO2 oder andere klimaschädliche Stoffe. Das Demonstrationsprojekt im Sonneberger Rathaus, das bis Ende 2023 fertiggestellt werden soll, zeigt das Bottom-up-Prinzip, das „h2-well“ verfolgt. Das bedeutet, dass das Bündnis potenzielle Nutzer neuer Wasserstofftechnologien direkt auf der untersten Ebene in das Projekt einzubeziehen, statt ein System in großem Maßstab umzusetzen.

 

Lokal erzeugen und nutzen

2018 wurde „h2-well“ ins Leben gerufen. Inzwischen gehören 60 Partner aus Wirtschaft, Wissenschaft, Kommunen und Gesellschaft zu dem Bündnis. Die meisten Partner sind in Thüringen verortet, einige aber auch in den Einzugsgebieten von Main, Elbe und Weser. „Unser Ansatz war von Anfang an, auf die Region zu setzen und mit kleinen Unternehmen zu arbeiten, um die Technologie in die Region zu bringen“, sagt Mark Jentsch, Koordinator von „h2-well“. „Jetzt gehen wir diesen Weg und es funktioniert.“ Bis 2025 will das Bündnis eine regionale, dezentral organisierte, grüne Wasserstoffwirtschaft realisieren. Das heißt, dass vor Ort Wasserstoff durch erneuerbare Energien im Elektrolyse-Verfahren erzeugt und lokal genutzt wird: in der Mobilität, in der Industrie, für die Stromnetzstabilisierung oder in der Wärmeversorgung.

 

Thüringer Modell-Standorte für neue Wasserstofftechnologien

Um zu zeigen, wie eine dezentrale, regionale Wasserstoffwirtschaft funktionieren kann, haben die Bündnispartner beispielhaft zwei Standorte in Thüringen ausgewählt: Sonneberg und Apolda. In einer Kleinwasserkraftanlage bei Apolda soll grüner Wasserstoff erzeugt werden. In Sonneberg ist neben der Installation der Demonstrationsanlage im Rathaus auch der Bau des HySON-Instituts für Angewandte Wasserstoff-Forschung geplant. Nach der Gründung des HySON-Fördervereins 2018 gab es im August dieses Jahres den ersten Spatenstich für das gleichnamige Forschungsinstitut. Und auch im Thüringer Norden wird gebaut. Beim Unternehmenspartner Maximator Hydrogen GmbH in Nordhausen entstehen neue Produktionshallen zur Serienfertigung von Wasserstofftankstellen. Die Firma entwickelt im Rahmen von „h2-well“ einen elektro-hydraulischen Kompressor für die Verdichtung von Wasserstoff mit bis zu 1.000 bar. Damit können Wasserstofftankstellen künftig kosteneffizienter betrieben werden.

In Zukunft will das „h2-well“-Team unter anderem an Wasserstoff-Motorsystemen für spezielle mobile Anwendungen wie beispielweise Drohnen arbeiten und Lösungen zur Dekarbonisierung regionaler Unternehmen mit Hilfe von Wasserstoff entwickeln.

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