Wie flexibel kann ein Kohlekraftwerk sein?

Können Braunkohle-Kraftwerke bei der Energiewende eine Rolle spielen? Wie reagiert die Technik der Anlagen auf kontinuierliches Erhöhen bzw. Reduzieren der Kraftwerksleistung? Wie können Wissenschaft und Wirtschaft der Lausitz dabei in die Forschung einbezogen werden? Sind technisch erforderliche Investitionen für die Betreiber wirtschaftlich? Unter anderem mit diesen Fragen befasste sich das Innovationsforum FILK in Cottbus.

Es lag etwas in der Luft – ein Knistern. Das hatte an diesem Tag in Cottbus sowohl mit der Stromerzeugung als auch mit der Frage zu tun, ob der Landtag in Potsdam die Neugründung der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus (BTU) beschließen würde.

Er hat es getan und so wird die Aussage von Universitätspräsident Prof. Dr. Walther Ch. Zimmerli Wirklichkeit werden, die er zum Start des Innovationsforums „Das Flexible Integrierte Lausitzer Kraftwerk als Partner der Erneuerbaren Energien bei der Sicherung der Regelleistung und Netzstabilität (FILK)“ machte: „Das Thema Energie wird und muss ein Forschungsschwerpunkt der neuen Universität bleiben.“ Dabei ginge es neben der technischen Optimierung der Kraftwerksanlagen selbst auch immer stärker um die Erforschung intelligenter Netze für eine sichere und effiziente Stromversorgung.

Kraftwerkstechnik braucht Innovationen

Der Vormarsch der erneuerbaren Energien ist nicht mehr zu stoppen, davon ist Prof. Dr. Hans-Joachim Krautz überzeugt. Der Lehrstuhlinhaber Kraftwerkstechnik an der BTU sieht aber mit Sorge, wie Wind- und Solarstrom ungleichmäßig in die Stromnetze eingespeist werden.

Verbunden mit dem gleichzeitigen Ausstieg aus der Kernenergie stehen gerade auch die Braunkohlenkraftwerke in der Lausitz vor der Aufgabe, immer schneller auf wechselnden Strombedarf zu reagieren. Diese Flexibilität ist schon heute ein wichtiges Thema der Forschung von Professor Krautz und seinem Team: „Das wird eine Herausforderung. Zurzeit gibt es keine belastbaren Forschungsergebnisse, wie konventionelle Braunkohlekraftwerke zurechtkommen mit dem häufigen Hoch- und Herunterfahren der Leistung. Wir betreten Neuland!“

Lausitz wird Energieregion bleiben

„Nicht nur im Fußball gehören Energie und Cottbus zusammen.“, unterstrich Dr. Carsten Enneper vom Brandenburgischen Wirtschaftsministerium seine Sicht auf die kommenden Jahrzehnte in der Lausitz.

Vor den rund 130 Teilnehmern des Forums informierte er über wichtige Passagen der Energiestrategie des Landes, die bis 2050 das Erzeugen von Strom und Wärme aus Braunkohle als Brückentechnologie vorsieht. Nach seinen Angaben gehen 60 Prozent des in Brandenburg erzeugten Stroms in den Export in andere Bundesländer sowie ins Ausland. Der Brandenburger Anteil der Primärstromerzeugung in Deutschland beträgt 11 Prozent und ist damit existenziell für die Energieversorgung in der Bundesrepublik. Durch den schrittweisen Ausstieg aus der Atomenergie müssen in den kommenden Jahren 22 GW durch andere Arten der Stromerzeugung ersetzt werden.



Fast 20.000 Arbeitsplätze hängen direkt und indirekt an der Förderung und Verstromung der Braunkohle im östlichen und südlichen Brandenburg. Diese Energiewirtschaft bringt dieser Region seit über hundert Jahren Wohlstand und Fortschritt, aber auch Umweltzerstörung und Luftverschmutzung. Darauf machte der Cottbusser Beigeordnete Lothar Nicht aufmerksam.



Innovationsforum schafft Bündnis für stabile Energieversorgung

Dirk Meinunger vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) würdigte das große Interesse vor allem der klein- und mittelständigen Unternehmen: „Es ist aus meiner Sicht richtungsweisend, wie hier in der Lausitz das Zusammenwirken von alten und neuen Energietechniken mit Blick auf eine zukunftsfähige Energieversorgung geforscht, geplant und umgesetzt werden soll.“ Damit setze Cottbus seine Stellung als Innovationsstandort im Rahmen der BMBF-Initiative Unternehmen Region fort.

Ohne Vattenfall geht aber in der Energieregion in Sachen Innovation so gut wie nichts. Hubertus Altmann, Vorstand Kraftwerke, machte darauf aufmerksam, dass heute 25 Prozent des deutschen Stroms aus Braunkohle gewonnen werde: „Wir sind mitten drin in der Optimierung unserer Kraftwerke. Schon heute sind Lastwechsel von bis zu 2700 MW in 10 Minuten möglich. Wenn wir die Verbrennung beispielsweise mit Trockenkohle weiter verbessern, ist eine Erhöhung des Wirkungsgrads auf bis zu 48 Prozent sowie eine Reduzierung des CO2-Ausstosses auf rund 800 g/kWh möglich.“

Um den weiteren Ausbau der regenerativen Energien zu ermöglichen, seien neben der Entwicklung von Speichertechnologien vorrangig technische Lösungen zu schaffen, um den konventionellen Kraftwerkspark manövrierfähiger zu machen. Nur dadurch kann die Integration „neuer und alter Energien“ für eine sichere und preiswerte Energieversorgung gelingen. 
  
Die vielen Gespräche und Diskussionen des Innovationsforums haben gezeigt, dass die BTU Cottbus Partner in der Industrie und der regionalen mittelständischen Unternehmen benötigt, um die wissenschaftlichen Arbeiten für die Flexibilisierung der Braunkohlenkraftwerke massiv voranzutreiben. Das neue Bündnis der Energieregion Lausitz hat Gestalt angenommen.

Weitere Informationen zum Innovationsforum FILK finden Sie hier.