Sternstunden der Wissenschaft

Die Astronomische Gesellschaft hat den Preis für Instrumentenentwicklung 2021 an Martin Roth verliehen. Der Leiter des interdisziplinären Zentrums "innoFSPEC" entwickelt spektakuläre Astrophotonik-Technologien.

Martin Roth
Martin Roth, Leiter des ZIK innoFSPEC am AIP Babelsberg wurde mit dem Preis für Instrumentenentwicklung 2021 ausgezeichnet. © PRpetuum GmbH

Die Preisverleihung per Video war pandemiebedingt eher unspektakulär, was aber seiner Freude keinen Abbruch tut, sagt der Potsdamer Wissenschaftler und Universitätsprofessor Martin Roth. Im September ehrte ihn die deutsche Gesellschaft für Astronomie und Astrophysik mit dem Preis für Instrumentenentwicklung 2021.

Mit dem Ansporn, einer der Pioniere auf dem Forschungsfeld der 3D-Spektroskopie zu sein, war der promovierte Astrophysiker 1994 von der Universitätssternwarte München vor die Tore Berlins auf den Babelsberg umgezogen. Über 100 Jahre schon hat das „Sternegucken“ im Dienst der Wissenschaft dort Tradition. 1992 war das Zentralinstitut für Astrophysik der Akademie der Wissenschaften der DDR in die Leibniz-Gemeinschaft aufgenommen worden. Fortan wollte das Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam (AIP) eine neue Generation von Beobachtungstechnik komplett selbst entwickeln. „Bis dato lieferte Carl Zeiss Jena die optischen Geräte, doch unter marktwirtschaftlichen Bedingungen kann sich kein Einzelunternehmen jahrelanger Forschung widmen, bis es dann zum Bau eines Instrumentes kommt“, erklärt Grundlagenforscher Roth. Wenn er von „Instrumenten“ spricht, sind tonnenschwere Riesen gemeint. Mit denen fangen die Spektrographen das Licht kosmischer Objekte ein und spalten es in seine Einzelfarben auf. Aus denen können Astrophysiker viele Informationen etwa über die beobachteten Sterne, Gasnebel und Galaxien ablesen.

Auf Suche im Kugelsternhaufen

Martin Roth war der erste Instrumentenbauer am AIP auf dem Babelsberg. Als einen großen Erfolg würdigt die Astronomische Gesellschaft auch seine Leistungen bei dem Aufbau und der Führung des interdisziplinären Zentrums für Innovationskompetenz „Innovative Faseroptische Spektroskopie und Sensorik“. Das ZIK "innoFSPEC" wird seit 2008 vom Bundesforschungsministerium gefördert. Roth weiß diese existenzielle Sicherheit für die Grundlagenforschung hoch zu schätzen. Junge Nachwuchswissenschaftler aus aller Welt entwickeln hier unter anderem optische Technologien, die ein integraler Bestandteil neuer Generationen von astronomischen Instrumenten sind. Mit diesen kann man mittlerweile sogar durch kosmische Staubwolken hindurch in schwarze Löcher schauen. Zu den Sternstunden seiner wissenschaftlichen Laufbahn gehöre die Mitwirkung bei der Suche nach schwarzen Löchern im Zentrum von Kugelsternhaufen, sagt Roth. „Die Grundlage für die Vorstellung eines schwarzen Lochs hatte schon 1916 Karl Schwarzschild als Direktor des damaligen Astrophysikalischen Observatoriums Potsdam als mathematisches Gedankenexperiment gelegt“, betont der Instrumentenbauer und blickt in die nähere Vergangenheit. 1996 war dem AIP der Durchbruch als Komplettentwickler von Beobachtungstechnik gelungen. Martin Roth und sein kleines Team hatten begonnen, ein Instrument namens PMAS zu entwickeln. Das Potsdamer Multi-Apertur-Spektrophotometer kann Galaxien dreidimensional beobachten und ist seit 2001 am 3,5-Meter-Spiegelteleskop des „Calar Alto Observatorium“ in der Wüste Südspaniens im Einsatz.

Reise zum Calar Alto

Observatorium Calar Alto
Das „Calar Alto Obervatorium“ in der südspanischen Wüste © AIP/Martin Roth

Voller Vorfreude zeigt Martin Roth Fotos von diesem Observatorium mit seinen weißen Kuppeln. Noch in diesem Herbst wird er seine Wissenschaftler-Freunde dort besuchen. Roth und sein Potsdamer Team sind in die stete Optimierung und Weiterentwicklung der Instrumente, in deren Wartung und Reparatur involviert; sie sind mit ihren Studierenden und Doktoranden gern gesehen auf dem über 2000 Meter hohen Calar Alto.

Aus solchen Begegnungen mit Wissenschaftlern aus aller Welt schöpfe er immer Antrieb für weitere Forschungen, sagt Roth und erwähnt das bislang weltgrößte Very Large Telescope auf dem Gipfel des Cerro Paranal in Chile. Das blickt mit dem Potsdamer Instrument MUSE in weit entfernte Galaxien. Aber auch ganz irdische Forschungsprojekte stehen im Fokus des ZIK innoFSPEC. Ein Spektrograph steht kurz vor der Einführung auf den Markt der Medizintechnik. Er könnte im menschlichen Gewebe als bislang „unsichtbar“ geltendes Mikroplastik, das mit der Nahrungskette aufgenommen wurde, sichtbar machen.

Ja, auch als Auszeichnung seiner Lebensleistung könnte er diesen Preis der Astronomischen Gesellschaft werten, sagt der 64-jährige Wissenschaftler, betont aber ausdrücklich: „Die Erfolge gebühren meinem gesamten Team.“ Seinen „Preis für alle“ will er dann auch mit allen feiern.

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