Meilenstein bei OncoRay: Protonentherapie bei ersten Patienten

Noch nicht einmal zwei Jahre ist es her, seit die riesige Protonenbestrahlungs-Anlage im Nationalen Zentrum für Strahlenforschung in der Onkologie – OncoRay – in Dresden installiert wurde. Nun sind die ersten Patienten in der vom Universitätsklinikum Carl Gustav Carus betriebenen Anlage behandelt worden.  

Zunächst sollen hier Patienten mit Tumoren an der Schädelbasis, im Becken- und Bauchbereich sowie Tumoren bei Kindern behandelt werden. Voraussetzung ist, dass sie damit einverstanden sind, im Rahmen einer wissenschaftlich kontrollierten medizinischen Beobachtungsstudie bestrahlt zu werden. Die AOKplus finanziert die Therapie für Patienten aus Sachsen und Thüringen. Für dieses einzigartige Modellprojekt hat der Vorstand des Dresdner Klinikums mit der Krankenkasse einen speziellen Vertrag abgeschlossen.

Um die Therapie überhaupt starten zu können, erstellten OncoRay-Spezialisten in den letzten Monaten ein Strahlmodell. Damit prüften sie, ob der Protonenstrahl beim Patienten exakt mit den medizinischen und physikalischen Eigenschaften ankommt, die in der Anlage eingestellt wurden. Das ist deshalb wichtig, weil die auf zwei Drittel der Lichtgeschwindigkeit beschleunigten Protonen eine enorme Energie haben, die sie nur dort entfalten sollen, wo sich das Krebsgewebe befindet.


 

Immer unter Kontrolle

Um die Protonenstrahlen mit größter Genauigkeit zum Ziel zu führen, sind OncoRay-Wissenschaftler dabei, völlig neue Methoden zu finden. Das ist, unter anderem, für die Behandlung von Kopf-Hals-Tumoren von Bedeutung, die bisher nur in 30 bis 50 Prozent der Fälle therapierbar sind. Mit hochpräziser Protonenbestrahlung könnte sich das ändern.

Juniorprofessorin Dr. Anna Dubrovska untersucht die genetische Signatur strahlenresistenter Krebsstammzellen als Biomarker für eine individuellere Bestrahlungstherapie. (Foto: Thilo Schoch)  
Juniorprofessorin Dr. Anna Dubrovska untersucht die genetische Signatur strahlenresistenter Krebsstammzellen als Biomarker für eine individuellere Bestrahlungstherapie.   © Thilo Schoch

Langfristig planen die Forschungsteams von OncoRay den Einsatz eines eigens entwickelten Kamerasystems. Die so genannte Prompt Gamma Timing Kamera soll die Reichweite der Strahlen während der Therapie in Echtzeit messen können. Auf diese Weise lässt sich die Strahlendosis während der Bestrahlung kontrollieren. Eine Überdosierung der Strahlen in umliegenden Organen und Gewebe könnte damit genauso  vermieden werden wie eine Unterdosierung im Tumor. Das weltweit einzigartige System ist bereits zum Patent angemeldet worden. Damit ist bei OncoRay erstmals eine Möglichkeit zur Reichweitenkontrolle mit Hilfe prompter Gammastrahlung gefunden worden, die sich mit überschaubarem Aufwand realisieren und im Klinikbetrieb anwenden lässt. Für 2015 sind erste klinische Tests mit dem Kamerasystem geplant.


 

Technologie und Biologie für wirksamere Therapie

Auch bei Brusttumoren ist eine präzise Bestrahlung wichtig, besonders bei solchen in der Nähe des Herzens, da es leicht zu kardiovaskulären Nebenwirkungen kommen kann. Wegen der Atembewegungen ist das zwar nicht so einfach. Diese können aber auch gezielt zur Schonung des Herzens genutzt werden, indem die Patientin nur dann bestrahlt wird, wenn sie sich in tiefer Einatmung befindet und der Abstand zwischen Tumor und Herzen maximal ist. Ein OncoRay-Team hat dafür Tests mit verschiedenen Atemphantomen durchgeführt und das Verfahren bereits klinisch angewendet.

Neben den physikalischen und technischen Möglichkeiten suchen die Biologen bei OncoRay molekulare Ansätze für eine bessere Behandlung. Dafür erforschen sie die Strahlenresistenz von Krebsstammzellen, die zum Neuausbruch der Krankheit führen können. Die genetische Signatur solcher strahlenresistenter Zellen dient als Biomarker. So lässt sich schon vor der Behandlung mit sehr schnellen Tests feststellen, wie der Patient auf eine Bestrahlung reagieren wird. Das Biologen-Team hat bereits potentielle Biomarker gefunden. Damit könnte die Therapie von Krebserkrankungen schon in naher Zukunft individueller und wirksamer werden.


Nähere Informationen zum ZIK OncoRay finden Sie hier.