Digitale Revolution verändert Filmbranche

Die Filmbranche steckt im revolutionärsten Veränderungsprozess aller Zeiten. Die Studios am über 100 Jahre alten Traditionsstandort Babelsberg profitieren dabei von den technologischen Entwicklungen der „digitalen Werft“ ganz in ihrer Nähe.

Non-Fiction Eco System von dwerft
Eine dwerft-Entwicklung ist das „Non-Fiction Eco System“ für das Management der Metadaten von der Produktionsplanung bis hin zur Auslieferung und Verwertung des Filmmaterials. © transfermedia production services GmbH

Längst hat am über 100-jährigen Filmstandort Babelsberg die Moderne Einzug gehalten. Hier steht die größte und modernste Außenkulisse Europas. Deren Straßenzüge lassen sich – auch mithilfe digitaler Effekte – in jede Metropole der Welt verwandeln. Der „Metropolitan Backlot“ zeigt derzeit das Gesicht der „Neuen Berliner Straße“. Die vierte Staffel von „Babylon Berlin“ wird hier gedreht und kommt 2022 ins Fernsehen.

Mit Drehstart beginnt auch die Werbung – wie heutzutage für jede Filmproduktion, die gesehen werden will. Die dafür benötigten Informationen in Wort, Schrift und Ton werden Metadaten genannt. Im vordigitalen Zeitalter gingen davon so einige verloren im Laufe des Drehs. Mittlerweile hat die Branche erkannt: Metadaten sind unerlässlich, wenn der Film Aufmerksamkeit erregen soll. Die Konkurrenz ist groß.

An die Stelle des unvollständigen Zettelkastens von früher soll die Technologieplattform „Linked Media Data Cloud“, kurz LMDC treten. Das Forschungsbündnis „dwerft“ – das „d“ steht für „digital“ – hat auf dieser Zielgeraden gute Arbeit geleistet.

Wer auf die LMDC Zugriff hat, kann alle seine Daten zu jedem Zeitpunkt hier ablegen und findet gleichsam produktionsbegleitende Daten zur weiteren Verwertung. Mark Gülbahar von der transfermedia production services GmbH gibt den Begriff „Neue Berliner Straße“ ein und kann jetzt zielgenau nach bestimmten Szenen oder Dialogen suchen. Das Interaktionsmodell mit der Softwarearchitektur dahinter funktioniert.

dwerft volle Fahrt voraus

Vom Bundesforschungsministerium gefördert entwickeln die Werftarbeiter aus Potsdam-Babelsberg – dazu gehören die transfermedia production services GmbH, das Deutsche Rundfunkarchiv, die Rotor Film GmbH, die Interlake GmbH und die filmwerte GmbH – eine mediale digitale Wertschöpfungskette von der Idee über Produktion und Verwertung bis hin zur Archivierung. Noch bis Ende des Jahres läuft das Forschungsvorhaben, das 2014 als Wachstumskern begann und 2018 in eine zweite Förderrunde ging. „Für die dwerft heißt es jetzt volle Fahrt voraus“, sagt deren Koordinatorin Claudia Wolf. Immer mehr Filmschaffende wollen von der dwerft ausgerüstet werden für das digitale Zeitalter. Hier wurden und werden u.a. Verfahren entwickelt, die es möglich machen, dass sich schon während des Drehs an sämtliches Videomaterial digitale Zettel anheften, die nicht mehr verloren gehen.

Ein Beispiel, was damit anzufangen ist, werde bald nicht mehr die Ausnahme, sondern die Regel sein, weiß man im dwerft-Bündnis: Neue Technologien ermöglichen das Lesen von bildbegleitenden Zusatzinformationen, während man einen Film anschaut. Beispielsweise könnte man etwas über die Biographie von Darstellern aus Babylon Berlin erfahren, Wissenswertes zu Drehorten oder Szenen.

Verschmelzung von realer und virtueller Welt

Die Zukunftstechnologien klopfen lautstark an die Türen der Babelsberger Filmstudios und werden hier eingelassen. Auch diese Branche wird von der digitalen Revolution vorangetrieben. Mithilfe neuester 3D-Technologie etwa werden Schauspielerinnen und Schauspieler aufgenommen und lassen sich anschließend wie computergenerierte Modelle bearbeiten, können in reale und virtuelle Welten platziert werden. Die volumetrische Medienproduktion ist solch ein Antriebsmotor. „Sie benötigt ein hohes Datenvolumen. Auch darum brauchen wir die ,Linked Media Data Cloud‘“, sagt Sven Slazenger von Interlake. Das Potsdamer Unternehmen entwickelt entsprechend neue Media Cloud Workflows.

Am Ende müssen die dwerft-Pioniere auch Lösungen für Zugriffsrechte und sichere Abrechnungsprozesse liefern. Die filmwerte GmbH erstellt eine Datenbank auf Basis der Blockchain-Technologie, in diesem Falle ohne eigene Kryptowährung – was Steilvorlage ist für einen gedanklichen Brückenschlag ins Milieu der mafiösen Ringe in „Babylon Berlin“. Die Macher der Staffel jedenfalls sind schon auf die dwerft aufmerksam geworden. Möglicherweise bahnt sich eine Zusammenarbeit an.

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