Innovation aus Wildau geht an den Markt - In Schwarzheide wird aus gebrauchtem Kunststoff neuer Rohstoff
In seinen kühnsten Träumen hat sich Prof. Dr. Gerhard Behrendt folgende Szenen vielleicht schon einmal vorgestellt: Mit den Ergebnissen seiner mehrjährigen Forschung an innovativen Recyclingverfahren von Kunststoffen, wie zum Beispiel PET- und PUR-Produkten, unter dem Arm macht er sich auf den Weg zu Geldgebern, die seinen Plan finanzieren, und zu Ingenieuren, die seine neue Anlage bauen sollen. Die Gespräche sind gut, sein Plan gelingt, ein neues Unternehmen entsteht und die Presse berichtet über diesen Aufbau Ost
Im richtigen Leben arbeitet Gerhard Behrendt als Forscher und Dozent an der Technischen Fachhochschule im brandenburgischen Wildau. Er gehörte zu den Gründern der Gesellschaft zur Förderung der innovativen Region Mittelostbrandenburg, einem Verein, der unter der Abkürzung FIRM e.V. Geschichte schreiben sollte. Denn er wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit einer Förderung im Rahmen der Innovationsinitiative InnoRegio ausgezeichnet. Das war 1999 und brachte im Jahr 2001 die stolze Summe von 1,78 Millionen DM zur Einrichtung eines Innovations- und Gründerlabors nach Wildau. Modernste Geräte für die Synthese, Verarbeitung und Charakterisierung von Materialien wurden damit angeschafft, um zeitgemäße Forschung zu ermöglichen, die vielleicht einmal zu neuen innovativen Technologien und Produkten führen. FIRM hat darauf aufbauend in mehr als zehn FuE-Vorhaben als InnoRegio-Initiative (bis 2006) die Ausstattung mit diversen Versuchsprogrammen ausgelastet. Und die Anschubinvestition des BMBF hat sich gelohnt!
Denn aus dem möglichen Traum von Gerhard Behrendt wurde im Februar dieses Jahres stolze Wirklichkeit. Sechs Mitarbeiter der neuen Petopur GmbH unter der Leitung von Geschäftsführer Joachim Prüger und Betriebsleiter Dr. Ralf Oehmgen nahmen im Chemiepark Schwarzheide die neu entwickelte und gebaute Anlage in Betrieb. Mehr als fünf Jahre intensiver Forschung und Entwicklung im Netzwerk der InnoRegio-Initiative FIRM waren dem vorangegangen. Mehr als zehn Partner aus Wirtschaft und Wissenschaft hatten dabei ein Ziel: In Mittelostbrandenburg – in etwa die Region zwischen Berlin und der Lausitz – sollte eine neue Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft, Wissenschaft, Verwaltung und Politik erreicht werden. Mit Kompetenz und Kreativität wurde und wird eine innovative Region entwickelt, in der das Wiedergewinnen hochwertiger Materialien aus gebrauchten Produkten zum Beispiel der Kunststoffindustrie zum Standard gehört.
Logischerweise bezieht also die Petopur GmbH vier wichtige Grundstoffe für ihr Recycling-Verfahren aus der Region in und um Schwarzheide: PET, Adipinsäure, Glykol und Glyzerin. Mit Hilfe der vom FIRM-Netzwerk entwickelten neuen Technologie entsteht am Ende der eindrucksvollen Anlage eine durchsichtige sirupartige Flüssigkeit oder wie die Chemiker sagen – Aromatische Polyester Polyole (APP). Dieser wiedergewonnene hochwertige Grundstoff wird in der Herstellung von PUR-Hartschäumen in der Dämmstoffindustrie Einsatz finden. Deren Experten loben schon jetzt den neuen Recycling-Ausgangsstoff. Er mache die Dämmstoffe noch leichter, habe einen höheren Flammschutz und einen messbar besseren Wärmedämmwert.
BMBF-Referatsleiter Hans-Peter Hiepe kommentierte den Betriebsstart der Petopur GmbH: „Unser Mut war richtig. Durch die gezielte mehrjährige Förderung der FIRM-Initiative hat die Region etwas in Richtung Zukunft unternommen. Die stärksten Ideen der besten Köpfe erreichten eine Innovation, die vielleicht von Mittelostbrandenburg aus zu einer Erfolgsgeschichte in Deutschland und Europa wird.“