Ein RESOLUTes Konzept
Wie kann die Versorgungssituation krebskranker Patienten im ländlichen Nordthüringen verbessert und gleichzeitig die schwache Wirtschaft angekurbelt werden? Die WIR!-Initiative RESOLUT hat dafür Ideen, die sie auf einer Zukunftskonferenz in Erfurt diskutierte.
Strahlend empfängt Jutta Hübner die 120 Gäste, der Saal im Thüringer Landtag ist bis auf den letzten Platz besetzt. Die Onkologin und Initiatorin von RESOLUT freut sich über das große Interesse. RESOLUT steht für „Regionale Entwicklung und Strukturwandel durch verbesserte Versorgung onkologischer Patienten und ihrer Familien durch vernetzte Lösungen aller beteiligten Unternehmen, Institutionen und Vereinigungen in Nordthüringen“. Gemeinsam wollen Ärzte, Pflegekräfte, Psychologen und ehrenamtliche Berater Strategien dafür entwickeln. Ihr Ziel ist es, die Betreuungssituation von Krebspatienten durch neue Modelle zu verbessern, die Nordthüringen auch wirtschaftlich stärken können. Die Lage in dünn besiedelten, ländlichen Regionen ist bekanntermaßen schwierig, nicht nur in Nordthüringen. Deshalb sehen die Initiatoren von RESOLUT ihre Ideen als Modell für eine bundesweite Nutzung.

Bessere Betreuung
Wie ist die Situation vor Ort? Nach Erhebungen der Kassenärztlichen Vereinigung Thüringen ist die medizinische Versorgung in Nordthüringen momentan recht gut. Allerdings sind in manchen Landkreisen fast die Hälfte der Hausärzte über 60 Jahre alt und Nachfolger selten in Sicht. Hinzu kommt, dass der Altersdurchschnitt der Bevölkerung immer weiter steigt. In Kommunen wie dem kleinen Städtchen Dingelstädt im Eichsfeld sind ein Viertel der Einwohner über 65 Jahre. „Laut Statistik können dort aufgrund der Altersstruktur jedes Jahr 45 Menschen die Diagnose Krebs bekommen“, sagt Jutta Hübner. Die Professorin für Integrative Onkologie am Universitätsklinikum Jena weiß, wovon sie spricht. Eine halbe Million Menschen in Deutschland erkranken jedes Jahr an Krebs. Mit zunehmendem Alter steigt die Wahrscheinlichkeit. Um die Patienten in Nordthüringen in der Nähe ihres Wohnortes umfassend betreuen zu können, sind neue Strukturen notwendig. Derzeit müssen die kranken Menschen oft weite Wege für ihre Behandlungen in Kauf nehmen, was angesichts der dürftigen Nahverkehrsverbindungen schwierig ist. Hinzu kommt, dass die Patienten häufig nicht ausreichend über ihre Erkrankung informiert werden und es an seelsorgerischer und psychologischer Betreuung fehlt.
Ehrgeizige Strategie
Nach umfangreichen Gesprächen und Runden Tischen mit Betroffenen, Ärzten und Beratern haben die RESOLUT-Mitstreiter vier Säulen ermittelt, auf denen ihr Konzept steht: Medizin, Versorgung, Wissen und Digitalisierung. Das bedeutet, dass erstens die medizinische Hilfe und Beratung verbessert werden soll, zweitens die Patienten Fahrdienste, Haushaltshilfen und Seelsorger zur Verfügung gestellt bekommen, dass drittens mehr Fachkräfte ausgebildet werden und viertens digitale Technologien die Betreuung unterstützen. Letzteres wäre zum Beispiel durch Telemedizin oder spezielle Apps möglich, die dafür entwickelt werden. So könnten die Patienten jederzeit Ärzte und Pfleger kontaktieren. Für die direkte Betreuung vor Ort sollen sogenannte Dorfkümmerer zum Einsatz kommen. Die Idee dazu hatte die Stiftung „Landengel“, die sich ebenfalls bei RESOLUT engagiert. Werden die ehrgeizigen Pläne des RESOLUT-Teams umgesetzt, könnte das auch der Wirtschaft in der Region nutzen. Schließlich arbeiten schon jetzt fast 17 Prozent der Beschäftigten Nordthüringens in der Gesundheitswirtschaft.