Biopolymere sind die Zukunft
Zum meteorologischen Frühlingsbeginn fand im brandenburgischen Schwarzheide das Innovationsforum “Biopolymere und biobasierte Kunststoffe – Nachhaltige Materialien der Zukunft“ statt. Es ging um Tradition, Schaumstoffe und die alte Weisheit, dass wir diese Erde nicht von unseren Eltern geerbt haben, sondern nur von unseren Kindern geliehen bekommen.
Im Kulturhaus der BASF Schwarzheide stellten Teilnehmer aus Wissenschaft, Forschung und Industrie die Ergebnisse ihrer Arbeit oder ihre Projekte vor – alle mit dem Ziel, den Worten „Kunststoff“, „Rohstoffverknappung“ und „Plastik“ den Schrecken zu nehmen und eventuelle Hindernisse bei der Umsetzung von geplanten Vorhaben von Anfang an aus dem Weg zu räumen.
Schwarzheide, ein 6000-Einwohner-Ort im Landkreis Oberspreewald-Lausitz, ist ein Chemie-Standort, in dem an der Produktion und Weiterentwicklung von Biopolymeren gearbeitet und geforscht wird. Bisher noch eine Nische in der Kunststoffbranche, könnten Biopolymere bald schon in vorderster Reihe zu finden sein. Denn die stetig wachsende Weltbevölkerung braucht stetig nachwachsende oder nachhaltig zu produzierende Rohstoffe – auf das allein, was vorhanden ist, will sich keiner mehr verlassen.

Da die Kunststoffproduktion am BASF-Standort im südlichen Brandenburg bereits Tradition hat, liegt es nahe, dort an neuen Möglichkeiten zu arbeiten. Seit 2006 gehört, neben „Klassikern“ wie PU-Klebern oder Polyutheranen, auch biobasierter Kunststoff ins Portfolio. Bis es soweit ist, dass herkömmliche Kunststoffe durch Biopolymere gänzlich ersetzt werden können, braucht es jedoch noch Zeit und Forschung. Als Beispiel wird gerne Bio-Polyethylen (PE) genannt, das chemisch identisch mit dem herkömmlichen Polymer ist und keine Veränderungen im Verarbeitungsprozess erfordern würde. Außerdem besteht der Wunsch nach Biopolymeren, deren Haltbarkeit durch Additive verändert bzw. verbessert werden kann. Ebenfalls denkbar: Cellulosefasern in Verbindung mit Holz als Wood-Polymer-Composites oder als Biocomposites und der Einsatz von Lignin in Carbonfasern, der Kostenvorteile gegenüber synthetischen Carbonfasern hätte.
Gute Vorbereitung, große Chancen
Die Entwicklung und Herstellung aus alternativen Materialien oder Biomasse bietet eine große Chance für das Cluster Kunststoffe/Chemie in der Hauptstadtregion. Da waren sich die rund 100 Teilnehmer der Abschlusskonferenz, auf der die Ergebnisse von drei intensiven Workshops vorgestellt wurden, einig. Im Vorfeld des Forums hatten sich die Experten ein halbes Jahr in Forschungs- und Arbeitsgruppen unter Federführung des Kunststoff-Verbunds Brandenburg-Berlin und BioTOP Berlin-Brandenburg ausgetauscht.
Begrüßt wurden die Teilnehmer von Dr. Kai Bindseil (BioTOP) und Dr. Hubert Lerche (KuVBB, Kunststoffverbund Brandenburg Berlin), die sich darüber freuten, dass das Thema durch die Brandenburger Wissenschaftsministerin Prof. Sabine Kunst, den Landrat des Landkreises Oberspreewald-Lausitz, Siegurd Heinze, den Staatssekretär des Ministeriums für Wirtschaft und Europaangelegenheiten des Landes Brandenburg, Henning Heidemanns, und Hans-Peter Hiepe aus dem Bundesministerium für Bildung und Forschung unterstützt wurde.
Dr. Karl-Heinz Tebel, der Vorsitzende der Geschäftsführung der BASF Schwarzheide GmbH, informierte die Anwesenden über den Standort und dessen Zukunftsprodukte: „Wir stellen nicht nur Chemikalien her, wir bieten auch weitere Lösungen an.“ Die Gründung des Innovationszentrums Bioplastics Lausitz steht bevor, und er betonte, dass durch die Aktivitäten des Fraunhofer-Institutes, die von der BASF Schwarzheide GmbH durch Bereitstellung eines Forschungsgebäudes unterstützt wird, eine wichtige Voraussetzung für die Entwicklung von neuen speziellen Produkten und Systemlösungen für die Kunststoffproduzenten und -verarbeiter geschaffen wurde.
Bereits in den nächsten Monaten will das Fraunhofer-Institut IAP für angewandte Polymerforschung eine Außenstelle eröffnen. Schwarzheide ist also viel mehr als rauchende Schornsteine – hier entsteht Zukunft. Zukunft u.a. in Form von Ausbildung. Als Keimzelle des Innovationszentrums Bioplastics Lausitz soll die mit zwei Millionen Euro geförderte Außenstelle ab April auch überregional FuE-Dienstleistungen anbieten.
Richtige Partner, konkrete Ergebnisse
Dr. Ralf Kindervater (Geschäftsführer der BioPRO Baden-Württemberg GmbH) gab noch einen weiteren Impuls: „Wir drucken mit biobasiertem Kunststoff all unsere Plastikteile, die wir im Haus brauchen, auf unserem 3D-Drucker selbst aus“, und sprach damit sicher Wissenschaftsministerin Prof. Dr. Sabine Kunst aus der Seele, die am zweiten Tag der Veranstaltung zusammenfasste: „Innovation ist der Schlüssel für zukünftige Entwicklung“.
Da können auch die Betreiber des Lausitzrings mithalten, denn sie wollen ihren Speedway so grün wie möglich belassen. Um nach den Veranstaltungen nicht mehr Kunststoffmüll als nötig aufsammeln zu müssen, bieten sie Geschirr an, das kompostiert werden kann. So will man dazu beitragen, dass der Ring ergrünt und eventuellen Skeptikern von vornherein die Luft aus den Segeln nehmen.
Dass sich in Schwarzheide die richtigen Partner getroffen haben, steht außer Frage: „Die enge Zusammenarbeit von Wirtschaft und Wissenschaft im Cluster Kunststoffe und Chemie trägt Früchte“ freute sich Dr. Peter Eulenhöfer von der ZukunftsAgentur Brandenburg (ZAB).