Weltneuheit: Kavernenspeicher für Grünen Wasserstoff

Moderne Speichertechnologien sind ein Schlüssel zur Energiewende. In der Wasserstoff-Modell-Region Mitteldeutschland soll eine Forschungsplattform für die Speicherung von Grünem Wasserstoff in Salzkavernen entstehen.

Bernd Siedler, Marco Henel und Frank Sauer vor einer Gasspeicheranlage.
Bernd Siedler, Marco Henel und Frank Sauer (v.l.) besichtigen die Gasspeicheranlage in Bad Lauchstädt. © PRpetuum GmbH

Die „Lange Lauchstädter Straße“ verbindet Teutschenthal mit Bad Lauchstädt und macht ihrem Namen alle Ehre: links und rechts viel freie Fläche mit Windrädern am Horizont. Ungehindert treffen die Sonnenstrahlen aufs Feld, das Getreide steht in sattem Grün. Was man nicht sieht, erklärt Bernd Siedler, Standortmeister der VNG Gasspeicher GmbH (VGS) am Standort Bad Lauchstädt: „Wir befinden uns auf einem Salzstock. In unterirdischen Kavernen wird Erdgas gespeichert. Das kommt unter anderem aus Russland und Norwegen, auch aus Deutschland.“

Die VGS betreibt Speicheranlagen und vermarktet Speicherkapazitäten – und hat sich den Zielen der Energiewende verschrieben. Mitteldeutschland mit seinen starken Chemiestandorten Leuna, Merseburg und Bitterfeld-Wolfen entwickelt sich zur Wasserstoff-Modell-Region. Seit über fünf Jahren wird „HYPOS“ (Hydrogen Power Storage & Solutions East Germany) im Rahmen des Programms „Zwanzig20 – Partnerschaft für Innovation“ vom Bundesforschungsministerium gefördert. Das Konsortium entwickelt die komplette Wertschöpfungskette, um aus erneuerbarem Strom den speicherfähigen Grünen Wasserstoff herzustellen, ihn zu speichern und zu transportieren.

Hohlräume in Salzstöcken

Die VGS mit ihren unterirdischen Gasspeichern in Bad Lauchstädt ist HYPOS-Partner der ersten Stunde. Frank Sauer ist Projektkoordinator bei der VGS und in das HYPOS-Projekt „H2-Forschungskaverne“ involviert. Weltweit der erste Kavernenspeicher, der Grünen Wasserstoff aus erneuerbaren Energien speichert, soll am Unternehmensstandort Bad Lauchstädt entstehen. Mit im Boot, sprich an diesem Tag im Auto, sitzt Marco Henel von der DBI Gastechnologisches Institut gGmbh Freiberg. Die Experten haben sich mit Standortmeister Siedler zum Vor-Ort-Termin verabredet. 17 Kavernen werden hier mit den dazu gehörenden gastechnischen Obertage-Anlagen betrieben. Zwei weitere Kavernen werden seit 2009 neu errichtet, eine davon soll in den Wasserstoffbetrieb überführt werden. „Kavernen“, erklärt Frank Sauer, „sind Hohlräume in unterirdischen Salzstöcken, die durch Ausspülung mit Wasser künstlich erzeugt werden. Sie liegen viele hundert Meter unter der Erdoberfläche, haben einen Durchmesser von bis zu 100 Metern und Höhen von bis zu 500 Metern. Die Mächtigkeit der Salzstöcke und die Eigenschaften von Salz garantieren eine absolute Dichtheit.“ Ein HYPOS-Begleitprojekt heißt „H2-Untergrundspeicher“ und führt Grundlagenuntersuchungen zur Wasserstoffspeicherung in Kavernen durch. Der unterirdische Hohlraum in Bad Lauchstädt soll über ein Speichervolumen von etwa 3.800 Tonnen Wasserstoff verfügen. „Der Energiegehalt dieser Wasserstoffmenge entspricht dem Jahresstromverbrauch von zirka 40.000 Zwei-Personen-Haushalten“, zieht Sauer einen anschaulichen Vergleich.

Oberirdische Pipeline-Leitungen
Die oberirdischen Rohre bieten den Zugang für Wartung und Reinigung der Pipeline. © PRpetuum GmbH

Pipelinenetz und Fachkompetenz vor Ort

Marco Henel lässt derweil seinen Blick über die Freifläche schweifen, die für die Obertage-H2-Anlage vorbereitet wird. Noch dürfen sich Gänseblümchen und Löwenzahn ausbreiten. In zwei Jahren soll hier der Bau der oberirdischen Anlagen der Wasserstoffspeicheranlage beginnen. Nicht zufällig erstreckt sich die Wasserstoff-Modell-Region Mitteldeutschland über das alte Chemiedreieck Leuna-Buna-Bitterfeld. Es verfügt bereits über eine etwa 150 Kilometer lange Wasserstoffpipeline und über traditionell angesiedelte Fachkompetenz. Die VGS etwa besitzt 50-jährige Erfahrung beim Errichten und Betreiben von Untergrundspeichern. „Durch unser Engagement im HYPOS-Konsortium können wir unser Geschäftsfeld perspektivisch um den Bereich der Wasserstoffspeicherung erweitern“, sagt Frank Sauer und beruft sich auf Prognosen hinsichtlich des Absatzes von Wasserstoff. So würden bis 2050 im Umfeld des Ballungszentrums Halle-Leipzig und in den benachbarten Städten pro Jahr zirka neun Milliarden Kubikmeter Grüner Wasserstoff benötigt. Abnehmer sind die chemische Industrie, der Mobilitätssekttor und die urbanen Energieversorger.

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