Der Corona-Selbsttest zum Kauen

Einen hochsensiblen Sensor hat der Mensch immer dabei: die Zunge. Das Kaugummi ist daher auf dem besten Wege der Entwicklung zu einem schnellen Corona-Selbsttest. Ein Bittergeschmack beim Kauen signalisiert ein positives Ergebnis.

Sommerzeit ist Urlaubs- und Reisezeit – und aktuell auch Zeit der steigenden Infektionen mit SARS-CoV-2. Wir befinden uns mitten in der Corona-Pandemie. Ein Schnellhinweisgeber könne da sehr hilfreich sein als Erstinformation noch vor der ärztlichen Diagnose, sagt Lorenz Meinel angesichts der jetzigen Debatten über Kontrollen von Reiserückkehrern. Meinel ist Inhaber des Lehrstuhls für Pharmazeutische Technologie und Biopharmazie an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg.

Grafische Darstellung der Funktionsweise des Kaugummis
Bei positivem Corona-Testergebnis löst die Sonde im Kaugummi einen Bittergeschmack auf der Zunge aus.  © Christoph Mett

Sein Gedanke an ein Kaugummi als Nachweissystem ist nicht weit hergeholt. Innerhalb eines Forschungsprojektes entwickelte er mit einem Team aus Vertretern der Gesundheitswirtschaft einen Kaugummi-Schnelltest für Parodontitis, den „anyone, anywhere, anytime“ durchführen kann. Das Projekt „3a Diagnostika“ war vom „PARMENIDes“-Netzwerk initiiert worden. Die bundesweite Initiative für Personalisierte Diagnostik und Medizin wurde vom Bundesforschungsministerium im Rahmen des Programms „Zwanzig20 – Partnerschaft für Innovation“ gefördert und ist nachhaltig als Verbund für neue diagnostische Lösungen für die beste Patientenversorgung entlang der gesamten Wertschöpfungskette engagiert.

Bitterstoff assoziiert Gefahr

„Wir sehen bei uns auch Potenzial, einen Beitrag zur Eindämmung der Corona-Pandemie zu leisten“, bringt Meinel das Kaugummi wieder ins Spiel. Es funktioniert ohne logistischen Aufwand, ohne Analysegerät, einzig über eine funktionalisierte Oberfläche. Die enthält eine Sonde, die auf spezielle Enzyme reagiert. „Unsere Idee, ein Kaugummi-Selbsttest für COVID19 zu entwickeln, beruht auf der wissenschaftlichen These, dass bei einer Infizierung schon vor den ersten Symptomen im Speichel des Erkrankten SARS-CoV-2-spezifische Enzyme nachweisbar sind, die bei Gesunden nicht auftreten.“

Im Fokus steht jetzt die Anpassung und Spezifizierung der Sonde auf das Zielenzym, das den SARS-CoV-2-Corona-Virus anzeigt. Kommen die Sonde und das Zielenzym in Kontakt, wird ein Bitterstoff ausgelöst. Der Sensor ist in diesem Fall die Zunge. „Wir haben einen Bitterstoff gewählt, weil es in den menschlichen Genen liegt, ihn mit Gefahr zu verknüpfen“, so der Wissenschaftler Meinel. Wer sich dann gleich von anderen Personen distanziere, könne eine Ausbreitung des Virus einschränken. Zum anderen wären durch den Einsatz des Kaugummis Hotspots besser und vor allem sehr schnell kontrollierbar.

Freiverkauf in Apotheke und Drogerie

„Eine zielsichere Sonde für SARS-CoV-2 zu entwickeln, ist die besondere Herausforderung. Schließlich lernt die Wissenschaft das Virus erst seit sechs Monaten Schritt für Schritt kennen. Ist die Sonde dann erfolgreich in die Kaugummi-Oberfläche integriert, braucht der Selbsttest nur noch einen kurzen Weg auf den Markt“, sagt Heinrich Jehle, Mitbegründer eines Start-ups, das aus dem Projekt „3a Diagnostika“ hervorging. Insgesamt vier Forschungspartner gründeten 2019 die 3a-diagnostics GmbH. Das Unternehmen bereitet den Kaugummis die Zulassungs- und Vertriebswege. Und es hat schon die passenden Produktionspartner gefunden. „Darum kann nach erfolgreicher Entwicklung der SARS-CoV-2-Sonde die Markteinführung sehr schnell erfolgen“, sagt Heinrich Jehle. „Unser Ziel ist der Freiverkauf des RapidCorona-Selbsttests in Apotheken und Drogerien – europaweit.“

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